14.03.2014

Dingliche Sicherung von Solarstromanlagen (z.B. auf Hausdächern) durch Begründung von selbständigen dinglichen Rechten (SDR)

Die Geschäftsleitung der bernischen Grundbuchämter (GL GBA) hat anlässlich ihrer letzten Sitzung vom 02.02.2014 beschlossen, in Sachen dinglicher Sicherung von Solarstromanlagen neue Wege zu beschreiten und hierzu eine neue Praxis für die grundbuchliche Eintragung von Baurechten für Photovoltaikanlagen festgelegt. In diesem Zusammenhang hat die GL GBA die neue Weisung „Dingliche Sicherung von Solarstromanlagen (z.B. auf Hausdächern) durch Begründung von SDR“ vom 31.01.2014 [noch nicht publiziert] erlassen".

Photovoltaikanlagen - also Solarstromanlagen, in der mittels Solarzellen ein Teil der Sonnenstrahlung in elektrische Energie umgewandelt wird - werden auf Gebäuden entweder in der Form einer Aufdachanlage, bei welcher ein vorhandenes Gebäude die Unterkonstruktion für die Anlage trägt, erstellt (Aufdachmontage) oder direkt in die Gebäudehülle integriert (Indachmontage). Beide Arten sind auseinanderzuhalten. Indachmontagen sind Teil des Gebäudes, während es sich bei einer Aufdachmontage um eine zusätzliche bauliche Vorrichtung auf dem Dach handelt, die zumindest funktionell nicht unmittelbar mit dem Dach zusammenhängt (vgl. BGE 138 III 650, E. 6.6, S. 659). Solche Solarstromanlagen auf oder an Gebäuden, insbesondere auf Hausdächern, können ein eigenes rechtliches Schicksal haben, sofern sie nicht Teil des Gebäudes sind (fehlende Absicht bleibender Verbindung, fehlende äussere Verbindung). Die Sicherung der Nutzung des Hausdaches für eine Solaranlage kann in diesem Fall durch eine Nutzungsdienstbarkeit im Sinne von Art 781 ZGB erfolgen, die allenfalls als selbständiges und dauerndes Recht in das Grundbuch aufgenommen werden kann. 

Handelt es sich bei der Solarstromanlage nicht um eine Fahrnisbaute, so gehört sie kraft des Akzessionsprinzips zum Boden. Sie kann nur dann ein eigenes rechtliches Schicksal haben, wenn die Akzession durchbrochen wird. Diese Durchbrechung erfolgt durch die Einräumung einer Baurechtsdienstbarkeit. Die Abtrennung einer Photovoltaikanlage durch 

ein Baurecht kommt nur in Frage, wenn sie nicht zwingend Teil des Gebäudes ist, da an einem Gebäudeteil gemäss herrschender Lehre kein Baurecht begründet werden kann. Zum Vorneherein ausgeschlossen ist ein Baurecht demnach bei allen integrierten Solarstromanlagen (Indachmontagen). Die Begründung eines Baurechtes für eine Photovoltaikanlage auf einem Dach eines Gebäudes setzt kumulativ folgende Punkte voraus:

1. Bei der Anlage handelt es sich nicht um eine Fahrnisbaute; 

2. Die Solarstromanlage geniesst als Ganzes bauliche und wirtschaftlich funktionale Eigenständigkeit (zur Anlage gehören nebst den Solarpannels auch weitere Teile wie Wechselrichter, die eine konstruktive Einheit bilden müssen);

3. Die Anlage ist in Bestand und Gebrauch vom übrigen Gebäude unabhängig, für die Anlage besteht keine konstruktive Einheit mit dem Gebäude und es handelt sich insbesondere um keine Indachmontage;

4. Die Anlage ist jederzeit ohne Zerstörung des übrigen Gebäudes entfernbar; und

5. Zwischen den Parteien werden die nötigen Vereinbarungen festgelegt, um bei einer Entfernung der Solarstromanlage das Risiko einer Schädigung der Baute, auf der die Anlage aufgebaut ist, auszuschliessen. 

Die Grundbuchämter gehen bei der Prüfung der Eintragungsfähigkeit einer Dienstbarkeit davon aus, dass ein Baurecht für Anlagen (oder Teile davon) an oder auf einer Baute nicht möglich ist. Die Zulässigkeit eines Baurechtes ist dem Grundbuchamt gegenüber ausdrücklich durch Urkunden nachzuweisen. Aus dem Rechtsgrundausweis zur Begründung des Baurechts (Baurechtsvertrag oder einseitiges Rechtsgeschäft) muss sich ausdrücklich ergeben, dass die Voraussetzungen zur Eintragung erfüllt sind. Der Nachweis kann erbracht werden durch eine Feststellung des Notars oder durch die ausdrückliche Erklärung der Parteien, dass kumulativ

1. die Solarstromanlage baulich und funktionell eine Einheit bildet;

2. die Solarstromanlage in Bestand und Gebrauch von der übrigen Baute unabhängig ist; und

3. die Solarstromanlage ohne Zerstörung des übrigen Gebäudes entfernbar ist.

Soll ein Nutzungsrecht nach Art. 781 ZGB oder ein Baurecht als Grundstück, also als selbständiges dingliches Recht (SDR), in das Grundbuch aufgenommen werden, so müssen diese Dienstbarkeiten selbstständig und dauernd sein (Art. 655 ZGB). In beiden Fällen ist eine Messurkunde des Nachführungsgeometers beizubringen. 

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Maira Gall