11.02.2015

BGer 5A_619/2014: Entscheid zur Anfechtung der Vaterschaft

Mit Entscheid vom 05.01.2015 (5A_619/2014) hat das Bundesgericht entschieden, dass die Vaterschaft des Beschwerdeführers nicht mehr aufgehoben werden kann, auch wenn ein DNS-Test beweist, dass das Kind nicht von ihm stammt: Die Klage des Beschwerdeführers war verspätet; binnen Jahresfrist ab Entdeckung des Irrtums muss geklagt werden – und spätestens fünf Jahre nach der Anerkennung.

Dazu hielt das Bundesgericht u.a. folgendes fest:

Für den Beschwerdeführer als Anerkennenden beginnt die Klagefrist mit der Entdeckung des Irrtums über seine Vaterschaft im Sinne von Art. 260a Abs. 2 ZGB, d.h. im Zeitpunkt, in dem er erfährt, dass er nicht der Vater ist oder ein Dritter der Mutter um die Zeit der Empfängnis beigewohnt hat. Der Fristbeginn ist somit derselbe wie für die Anfechtung der Ehelichkeitsvermutung durch den Ehemann, so dass die Rechtsprechung zu Art. 256c Abs. 1 ZGB berücksichtigt werden kann. Der Kläger hat zu beweisen, wann und wie er die Tatsache seiner Nichtvaterschaft erfahren hat. Massgebend ist die sichere, prozessual verwertbare Kenntnis der Nichtvaterschaft. Blosse Zweifel und Befürchtungen genügen nicht, sofern die Umstände nicht so liegen, dass der Kläger gehalten ist, sich über stichhaltige Tatsachen zu informieren, um Gewissheit zu erlangen und dass das Unterlassen solcher Abklärungen als unentschuldbar erscheint. Ob das Unterlassen von Abklärungen hinsichtlich der Nichtvaterschaft als unentschuldbar erscheint, kann nur aufgrund sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalls entschieden werden. Dem Sachgericht steht dabei ein weiter Spielraum des Ermessens zu, in den das Bundesgericht nur eingreift, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen. (Erw. 4.1)“

Das Kantonsgericht und der Beschwerdeführer gehen übereinstimmend und zutreffend davon aus, dass das Ergebnis der Spermiogramme von 2009 und 2010 dem Beschwerdeführer als Laien keine Klarheit darüber verschaffen konnten, ob er zehn Jahre zuvor zeugungsfähig gewesen war. Fristauslösende Kenntnis von seiner Nichtvaterschaft hat der Beschwerdeführer dadurch nicht erlangt. Die Tatsache aber, dass er von seiner faktischen Sterilität im Jahre 2009/ 2010 erfahren hat, hätte beim Beschwerdeführer doch Zweifel daran wecken müssen, ob er zehn Jahre zuvor zur Zeugung seiner Tochter fähig war. Aus medizinischer Sicht mögen derartige Zweifel unbegründet gewesen sein, einem Laien hingegen drängen sich in Anbetracht der Eindeutigkeit der Spermiogramme unausweichlich Fragen nach der Wahrscheinlichkeit seiner früheren Vaterschaft auf. Die Annahme des Kantonsgerichts, der Beschwerdeführer hätte sich aufgrund des Ergebnisses der Spermiogramme von 2009 und 2010 zu Abklärungen seiner Vaterschaft veranlasst sehen müssen, kann deshalb nicht beanstandet werden. Der Beschwerdeführer indessen hat während mehr als zweieinhalb Jahren nichts unternommen. Im Februar 2013 haben er und die Kindsmutter bei der Beschwerdegegnerin privat einen DNA-Test durchführen lassen, aufgrund dessen Ergebnis vom Juni 2013 der Beschwerdeführer am 11. Juli 2013 die Klage auf Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung eingereicht hat. (Erw. 4.2)“

Olivier Jann
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Maira Gall