30.08.2014

Parlamentarische Initiative "Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung" durch staatspolitische Kommission des Nationalrates angenommen

Am 21. März 2014 reichte NR Daniel Vischer (Grüne/ZH) gestützt auf Art. 160 Abs. 1 Bundesverfassung und Art. 107 Parlamentsgesetz folgende parlamentarische Initiative ein: "Art. 13 Abs. 2 der Bundesverfassung sei so zu ändern, dass der Datenschutz statt eines Missbrauchsschutzes zu einem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird".

Zur Begründung führte NR Vischer u.a. an, dass Datenschutz durch den NSA-Skandal auch in der Schweiz eine neue Bedeutung und Beachtung erhalten habe. Risiken für die freie Entfaltung der Persönlichkeit würden insbesondere von neuen technologischen Möglichkeiten der modernen Datenverarbeitung ausgehen; wer nicht wisse oder beeinflussen könne, welche Informationen bezüglich seines Verhaltens gespeichert und vorrätig gehalten werden, sei in seinem Verhalten eingeschränkt. "Der in der Bundesverfassung garantierte Datenschutz gemäss Art. 13 Abs. 2 der Bundesverfassung schützt die einzelne Person lediglich vor dem Missbrauch. Das führt namentlich dazu, dass im Ergebnis die Beweislast der Grundrechtseinschränkung zulasten der Bürgerinnen und Bürger und nicht des Staates oder der Internetbetreiber verteilt ist. Mit der Ausweitung der Verfassungsbestimmung im beantragten Sinne wird eine neue verfassungsmässige Grundlage geschaffen, um dies zu ändern".

Gemäss Medienmitteilung der staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) vom 29. August 2014 wurde die Initiative mit 12 zu 8 Stimmen angenommen. In Anbetracht einer zunehmend digitalisierten Welt erachtet es die SPK-N für angezeigt, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung explizit als persönliches Freiheitsrecht anerkannt wird. Dieser Paradigmenwechsel soll im Ergebnis zu einer Beweislastumkehr zu Lasten von Staat und kommerziellen Unternehmen und zu Gunsten der Bürger führen.

Die Minderheit der Kommission erblickt keinen Mehrwert in der vorgeschlagenen positiven Formulierung einer solchen Verfassungsbestimmung und verweist auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts, welche das Recht auf informationelle Selbstbestimmung anerkenne. Sie erachtet es als wichtiger, die bestehende Verfassungsgrundlage durchzusetzen, anstatt ein neues Grundrecht zu definieren. 

Bevor die SPK-N die Umsetzung der Initiative an die Hand nehmen kann, muss sie noch ihre ständerätliche Schwesterkommissionen (SPK-S) um Zustimmung zu ihrem Beschluss ersuchen.

Des Weiteren lehnte es die SPK-N vorläufig ab, dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) die Kompetenz zur Verhängung von Verwaltungsbussen bei Datenschutzverletzungen zu erteilen (vgl. parlamentarische Initiative von NR Schwaab (SP/VD) "Für wirklich abschreckende Sanktionen bei Datenschutzverletzungen").

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Maira Gall