Das Bundesgericht hatte sich im Urteil vom 4. Juli 2014 (6B_1049/2013) mit der Frage zu beschäftigen, ob es sich bei einer Entschädigung für die Nichtergreifung eines Rechtsmittels um eine Erpressung i.S.v. Art. 156 StGB handelt. Ein Nachbar forderte von der Bauherrschaft als Gegenleistung für den Rückzug seines Baurekurses die umfassende Sanierung seiner Mehrfamilienliegenschaft zum (nicht dem Gegenwert entsprechenden) Preis von Fr. 20‘000.— sowie eine Sicherheitsleistung von Fr. 350‘000.—. Andernfalls wollte er den Rekurs gegen das Projekt bis vor Bundesgericht ziehen und so für eine Bauverzögerung von bis zu fünf Jahren sorgen (Erw. 3.4). Die Bauherrschaft zahlte die Sicherheitsleistung und unterzeichnete die Vereinbarung, worauf der Nachbar seinen Rekurs zurückzog.
Das Bundesgericht stufte diese Vorgehensweise als sittenwidrig i.S.v. Art. 20 OR ein, da festgestellt wurde, dass der Rekurs aussichtslos gewesen wäre. Gleichzeitig sah das Bundesgericht auch den Tatbestand der Erpressung als erfüllt, da sich die Bauherrschaft durch die Zahlung der Sicherheitsleistung am Vermögen schädigte. Das Bundesgericht hielt aber auch fest, dass nicht jeder entgeltliche Verzicht auf ein Rechtsmittel sittenwidrig i.S.v. Art. 20 OR (und damit eine unrechtmässige Bereicherung i.S.v. Art. 156 StGB) sei. Soweit sich der wirtschaftliche Wert des Verzichts aber bloss aus dem möglichen Schaden wegen der Verlängerung des Baubewilligungsverfahrens und nicht aus den schutzwürdigen Interessen des rechtsmittelführenden Nachbarn ergebe, sei die „Kommerzialisierung des Verzichts“ praxisgemäss sittenwidrig (Erw. 1.6.3 mit Verweis auf weitere Bundesgerichtsurteile). Wenn ein Rechtsmittel (wie hier) aussichtlos sei, ergebe sich der Geldwert des Verzichts regelmässig aus dem Schaden, welcher der Bauherrschaft durch die Verzögerung erwachsen wäre, und nicht aus den schutzwürdigen Interessen, wie das Bundesgericht festhielt (Erw. 1.6.4 und 3.4).