03.08.2013

Das BGer äussert sich zur Kostenentschädigung bei Nichtanhandnahme einer Strafanzeige

Wie die NZZ vom 27. Juli 2013 berichtete, entschied das BGer (6B_387/2013), dass eine Kostenentschädigung grundsätzlich auch dann gesprochen werden könne, wenn trotz einer deponierten Strafanzeige eine Nichtanhandnahme durch die Staatsanwaltschaft erfolge. 

Konkret hatte der zuständige Staatsanwalt einer eingereichten Strafanzeige nicht Folge geleistet (Nichtanhandnahme) und der beschuldigten Person auch keine Kostenentschädigung zugesprochen. Damit war die beschuldigte Person nicht einverstanden und zog den Entscheid weiter. Das Kantonsgericht hat ihr daraufhin CHF 420 für die Konsultation eines Anwalts zugesprochen. 

Gemäss Art. 429 Abs. 12 lit. a StPO hat eine beschuldigte Person Anspruch auf eine Kostenentschädigung für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte, wenn sie freigesprochen oder das Verfahren gegen sie eingestellt wird. 

Vorliegend musste das Bundesgericht beurteilen, ob eine angemessene Kostenentschädigung auch bei der Nichtanhandnahme zugesprochen werden muss. Gemäss BGer trifft es zu, dass eine Kostenentschädigung nur bei einem Freispruch oder bei einer Verfahrenseinstellung ausdrücklich vorgesehen sei. Die nicht Erwähnung der Nichtanhandnahme sei jedoch nicht als qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers zu interpretieren. In diesem Fall müssen vielmehr die gleichen Grundsätze angewendet werden wie beim Freispruch und der Verfahrenseinstellung: die Kosten für einen Anwalt seien zu ersetzen, wenn seine Konsultation zur Wahrnehmung der Verfahrensrechte angemessen erscheint. Schliesslich könne der Beizug eines Anwalts nicht als unvernünftig erachtet werden, wenn jemandem ein Vergehen oder Verbrechen angelastet werde. 

Im vorliegenden Fall seien diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt, weil bereits nach der ersten Befragung der beschuldigten Person entschieden wurde, kein Verfahren zu eröffnen (Nichtanhandnahme). In einem solchen Fall sei daher eine Entschädigung für Anwaltskosten ausgeschlossen. 

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Maira Gall