17.07.2013

BGer 4A_172/2012: keine pauschalisierte Entschädigung für Überzeit

In der aktuellen SJZ (15. Juli 2013) analysieren Prof. Thomas Geiger sowie RA Benedikt Häfliger aktuelle Entwicklungen im schweizerischen Arbeitsrecht. Im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Überstunden wird folgendes festgehalten:

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, wonach Mehrleistungen des Arbeitsnehmers entschädigt werden müssen. Einerseits kann der Arbeitnehmer Überstunden leisten, indem er eine grössere Arbeitsleistung erbringt, als im Arbeitsvertrag vereinbart wurde (sog. Überstunden; Art. 321c OR). Andererseits kann Überzeit erbracht werden, wenn mehr Arbeit geleistet wird, als nach Art. 9 ArG zulässig ist – dies unabhängig von der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung. Die Entschädigung von Überstunden kann im Rahmen der Vertragsfreiheit weitgehend frei vereinbart werden. Die Entschädigung von Überzeit ist hingegen zwingend vorgeschrieben: sie beträgt entweder 125% des Lohnes, der für die ordentliche Arbeitsstunde vereinbart wurde oder Kompensation durch Freizeit.

Das BGer entschied am 22. August 2012 (4A_172/2012), dass das Universitätsspital Zürich das ArG verletzt hatte, weil die verwendete Regelung für die Vergütung der Mehrzeiten für Oberärzte eine pauschalierte Entschädigung vorsah. Danach wurden Leistungsprämien von Oberärzten, die sie aus „Honorarpools“ bezogen haben bzw. Vergütungen aus privatärztlichen Tätigkeiten an den Lohn für geleistete Überzeit angerechnet. Das BGer hiess die Klage eines Oberarztes auf Nachzahlung von Überzeitlohn gut, da eine pauschale Entschädigung der Überzeit nicht zulässig sei. In diesem Zusammenhang wurde festgehalten, dass der genannte Entschädigungsanspruch innerhalb einer Verjährungsfrist von fünf Jahren auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden könne. Rechtsmissbrauch sei bei einer nachträglichen Geltendmachung nur mit grosser Zurückhaltung anzunehmen (E.6.1)

Michal Cichocki
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Maira Gall