30.04.2015

BGer 6B_256/2014: Facebook-Post: realer oder virtueller Freundeskreis gilt nicht als „Bevölkerung“ i.S.v. Art. 258 StGB

Gemäss Medienmitteilung vom 29. April 2015 hob das Bundesgericht eine Verurteilung wegen versuchter Schreckung der Bevölkerung gemäss Art. 258 StGB durch das Obergericht des Kantons Zürich auf. Konkret hatte der Betroffene auf seinem Facebook-Profil einen Text gepostet, den seine 290 Facebook-Freunde einsehen konnten. Er sprach darin diejenigen Facebook-Freunde an, die ihm nicht zum Geburtstag gratuliert hatten und hielt u. a. fest: „(...) Ich vernichte euch alle, ihr werdet es bereuen (...) jetzt kann euch niemand mehr schützen POW!!!!POW!!!!POW!!!!“.

Das Bundesgericht argumentierte dabei u.a. wie folgt:

Der Tatbestand von Artikel 258 StGB ist nur anwendbar, wenn "die Bevölkerung" in Schrecken versetzt, beziehungsweise zu versetzen versucht wird. Unter "Bevölkerung" sind nach allgemeinem Sprachgebrauch zunächst die Gesamtheit der Bewohner eines bestimmten, mehr oder weniger grossen Gebietes zu verstehen. Eine "Bevölkerung" bildet darüber hinaus die Gesamtheit der Personen, die sich eher zufällig und kurzfristig gleichzeitig an einem bestimmten Ort befindet, beispielsweise in einem Kaufhaus, in einem öffentlichen Verkehrsmittel oder in einem Sportstadion. Nicht als "Bevölkerung" angesehen werden kann dagegen der Personenkreis, mit dem jemand über Freundschaft oder Bekanntschaft im realen oder virtuellen Leben verbunden ist, zumal hier der Bezug zu einem bestimmten Ort fehlt. Der Betroffene richtete sich damit nicht an die "Bevölkerung", wenn er die fraglichen Äusserungen an seine rund 290 Facebook-Freunde adressierte und darin im Besonderen diejenigen Freunde ansprach, die ihm nicht zum Geburtstag gratuliert hatten“.

Michal Cichocki
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Maira Gall