11.01.2015

BGer 6B_718/2014: Die Verhältnismässigkeit bei der Anordnung eines DNA-Profils

Die beschuldigte Person störte mit anderen Personen ein Symposium an der Uni Bern und deponierte Mist auf den Tischen im Vortragsraum. Sie wurde wegen Verunreinigung vom fremdem Eigentum mit einer Busse bestraft (kantonaler Straftatbestand). Die Uni Bern stellte keinen Strafantrag gemäss Art. 30 StGB. Die beschuldigte Person wehrte sich nicht gegen die Busse, hingegen gegen die Tatsache, dass sie erkennungsdienstlich behandelt und gar die Erstellung eines DNA-Profils angeordnet wurde, dies anlässlich der Festnahme auf dem Polizeiposten.

Sämtliche Zwangsmassnahmen kommen generell nur dann zum Zug, wenn gem. Art. 197 Abs. 1 lit. b. StPO ein hinreichender Tatverdacht vorliegt. Hinweise auf eine strafbare Handlung müssen erheblich und konkreter Natur sein, um einen hinreichenden Tatverdacht zu begründen (Erw. 1.3.1 mit Verweis auf weitere Rechtsprechung). Dass andere Personen in einer anderen Protestaktion eine Konferenz störten, begründe nicht automatisch einen hinreichenden Tatverdacht auf ein Offizialdelikt, das seinerseits die Anordnung von Zwangsmassnahmen erlaube, hielt das Bundesgericht fest (Erw. 1.4.1).

Im Übrigen stellte das Bundesgericht fest, dass die Weisung der Generalstaatsanwaltschaft, „bei nicht invasiven Probeentnahmen gem. Art. 255 Abs. 2 lit. a StPO (…) in den Fällen von Art. 255 Abs. 1 lit. a, b und c StPO (…) generell die Analyse der DNA-Proben zwecks Erstellung eines DNA-Profils“ vorzunehmen, sich im mehrfacher Hinsicht als bundesrechtswidrig erweise. Art. 255 StPO ermögliche nicht bei jedem hinreichenden Tatverdacht die routinemässige (invasive) Entnahme von DNA-Proben, geschweige denn deren generelle Analyse. Erforderlich sei stets eine Einzelfallabwägung (Erw. 1.4.2).

Andreas Dudli
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Maira Gall