14.12.2014

EuGH C-212/13: öffentliche Videoüberwachung durch Private zum Schutz vor Vandalen, die öffentlichen Raum (mit)umfasst, ist keine „ausschliesslich persönliche oder familiäre Tätigkeit“ - jedoch nicht per se unzulässig

Gemäss Pressemitteilung Nr. 175/14 hielt der EuGH in seinem Urteil in der Rechtssache C-212/13 vom 11. Dezember 2014 u.a. folgendes fest:

Die EU-Datenschutzrichtlinie ist auf die Videoüberwachung mit einer Überwachungskamera anwendbar, die von einer (privaten) Person an ihrem Einfamilienhaus zum Schutz vor Vandalen angebracht wurde und auf den öffentlichen Strassenraum gerichtet ist.

Die Ausnahme vom Anwendungsbereich der EU-Datenschutzrichtlinie, namentlich die Verarbeitung personenbezogener Daten, die von einer privaten Person zur Ausübung ausschliesslich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten vorgenommen wird (Art. 3 Abs. 2 EU-Datenschutzrichtlinie), ist eng auszulegen. Daher kann eine Videoüberwachung, die sich auf den öffentlichen Raum erstreckt und dadurch auf einen Bereich ausserhalb der privaten Sphäre desjenigen gerichtet ist, der die Daten verarbeitet, nicht als eine „ausschliesslich persönliche oder familiäre Tätigkeit“ angesehen werden. Da sich die vorliegend zu beurteilende Videoüberwachung weder auf eine Einwilligung noch auf andere Rechtsgrundlagen abstützten konnte, wurde sie für unzulässig erachtet.

Zugleich muss das nationale Gericht eines EU-Mitgliedstaates bei der Anwendung der EU-Datenschutzrichtlinie berücksichtigen, dass ihre Bestimmungen (v.a. Art. 7 lit. f, Art. 11 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 lit. d und g EU-Datenschutzrichtlinie) die Möglichkeit eröffnen, das berechtigte Interesse des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen, das Eigentum, die Gesundheit und das Leben seiner selbst und seiner Familie zu schützen, zu würdigen

Insbesondere darf erstens die Verarbeitung personenbezogener Daten u. a. dann ohne die Einwilligung der betroffenen Person erfolgen, wenn sie zur Verwirklichung des berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen erforderlich ist. Zweitens muss eine Person nicht über die Verarbeitung ihrer Daten informiert werden, wenn dies unmöglich ist oder unverhältnismässigen Aufwand erfordert. Drittens können die EU-Mitgliedstaaten die in der EU-Datenschutzrichtlinie vorgesehenen Pflichten und Rechte beschränken, sofern eine solche Beschränkung für die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer Personen notwendig ist.

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Maira Gall