10.08.2014

Das Entsiegelungsverfahren im Fall „Christoph Blocher“

Im Rahmen der Strafuntersuchung wegen des Verdachts der möglichen Gehilfenschaft und der möglichen versuchten Verleitung zur Verletzung des Bankgeheimnisses (vgl. bspw. NZZ vom 08.08.2014) wurde bei Christoph Blocher eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Diverse Gegenstände, Dokumente und Datenträger wurden sichergestellt. Gegen die Entsiegelung wehrte sich Herr Blocher bis vor Bundesgericht, wobei mehrere Gründe ins Recht geführt wurden (vgl. BGer 1B_420/2013, 1B_424/2013, und 1B_436/2013 vom 22. Juli 2014 sowie die Medienmitteilung des BGer vom 7. August 2014). Diese werden im Folgenden auszugsweise wiedergegeben:

Es wurde eine Verletzung von Art. 248 Abs. 2 StPO geltend gemacht. Der Staatsanwaltschaft sei vom Zwangsmassnahmengericht eine Nachfrist zur Verdeutlichung des dringenden Tatverdachts eingeräumt worden, was nicht rechtens sei. Das Bundesgericht legte dar, dass das Entsiegelungsverfahren wie das Verfahren der Beschwerde gegen Zwangsmassnahmen dem Rechtsschutz des Betroffenen diene, weshalb es nahe liege, die Bestimmungen über das Beschwerdeverfahren hilfsweise hinzuzuziehen. Erfülle die Eingabe die gesetzlichen Anforderungen nicht, so weise es die Rechtsmittelinstanz gemäss Art. 385 Abs. 2 StPO zur Verbesserung innerhalb einer kurzen Nachfrist zurück. Dieses Vorgehen sei auch hier nicht bundesrechtswidrig. Im Übrigen wies das Bundesgericht darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft freigegebene Gegenstände ohnehin erneut sicherstellen könne.

Weiter machte Christoph Blocher durch seinen Anwalt eine Verletzung des Beschleunigungsgebots geltend. Das Bundesgericht hingegen kam zu Schluss, dass es sich bei der Frist in Art. 248 Abs. 3 StPO („innerhalb eines Monats“) um eine blosse Ordnungsvorschrift handle. Die Einstellung des Siegelungsverfahrens käme nur als ultima ratio in extremen Fällen in Frage. Das Bundesgericht führte insbesondere auf, dass der Beschwerdeführer ausserdem mit seinen Anträgen die Länge des Entsiegelungsverfahren wesentlich selbst verursacht habe.

Weiter berief sich Christoph Blocher auf die Immunität als Mitglied des Nationalrats. Die zuständigen Kommissionen teilten der Staatsanwaltschaft hingegen mit, dass die vorgeworfenen Straftaten in keinem unmittelbarem Zusammenhang mit seiner amtlichen Stellung oder Tätigkeit steht. Damit war für die Hausdurchsuchungen auch keine Ermächtigung der Ratspräsidien erforderlich.

Christoph Blocher führte auch den Quellenschutz der Medienschaffenden an, wobei insbesondere sämtliche Korrespondenz und Aufzeichnungen zwischen ihm und der „Weltwoche“ darunter falle. Die Vorinstanz hatte dies nicht berücksichtigt, da sie davon ausging, dass der Passus in Art. 264 Abs. 1 StPO („ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden“) sich auf Gegenstände beschränke, die sich in der Sphäre der Journalisten befinden. Dem widerspricht das Bundesgericht. Der Gesetzeswortlaut sei klar, weshalb es nicht darauf ankomme, wo sich die Gegenstände und Unterlagen befinden. Auch nach einer detaillierten Auslegung der Norm – unter anderem anhand der Gesetzesmaterialien – kommt das Bundesgericht zum selben Schluss. Diesen Ausführungen folgen rechtspolitische Überlegungen zu den Medien. Ihnen kämen im Rechtsstaat ein „Wächteramt“ zu. Missstände im Staat und in Gesellschaft sollen ungehindert aufgedeckt werden können. In diesem Punkt wurde die Beschwerde gutgeheissen und zur Triage zurück an die Vorinstanz verwiesen.

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Maira Gall