04.05.2014

BGer 5A_553/2012: "1:12"-Initiative/JUSO-Fotomontage: keine widerrechtliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten

Das BGer hatte vorliegend zu beurteilen, ob eine Fotomontage der Jungsozialisten Schweiz (Juso), die im Rahmen der politischen Kampagne um die "1:12-Initiative" erschien und drei Unternehmensführer unbekleidet zeigte, deren Persönlichkeitsrechte (Art. 28 ff. ZGB) verletzt habe. Die Fotomontage zeigte die Köpfe von Daniel Vasella, Brady Dougan und Oswald Grübel auf unbekleideten Männerkörpern (mit abgedecktem Schambereich) und beinhaltete den Text "Abzocker, zieht euch warm an!". 

Gemäss Medienmitteilung vom 29. April 2014 stellte das BGer fest, die fragliche Fotomontage habe die Persönlichkeit von Daniel Vasella nicht in widerrechtlicher Weise verletzt. Vasella werde zwar durch das Bild in seinem "beruflichen und gesellschaftlichen Ansehen herabgesetzt", auch wenn es sich erkennbar um eine Fotomontage handle. Diese Persönlichkeitsverletzung sei aber nicht widerrechtlich, da es sich bei der Publikation um Satire handle, für die im Rahmen des Rechts auf freie Meinungsäusserung erweiterte Grenzen gelten. Im konkreten Fall sei das Mass des Zulässigen nicht überschritten worden. Bei der entsprechenden Interessenabwägung falle ins Gewicht, dass die Veröffentlichung im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung über eine Volksinitiative erfolgte. 

Weil der Meinungsäusserungsfreiheit im demokratischen Rechtsstaat eine besondere Bedeutung zukomme, werden Ehrverletzungen in der politischen Auseinandersetzung nach einem etwas milderen Massstab beurteilt. Berücksichtigt werden müsse zudem, dass "der politische Diskurs über rasant ansteigende Gehälter des obersten Kaders in den letzten Jahren zunehmend heftig geführt wurde und im Brennpunkt des öffentlichen Interesses" stehe. Weiter habe sich Vasella verschiedentlich im Zusammenhang mit der Thematik der Spitzenlöhne geäussert und sich damit bis zu einem gewissen Grad selbst ins Blickfeld der betreffenden Diskussion gerückt. Abschliessend hält das BGer fest, die fragliche Darstellung von Daniel Vasella, die nicht auf ihn als Privatperson, sondern als Bezüger eines Spitzengehalts abziele, erscheine insgesamt als gerade noch tolerierbar.

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Maira Gall