29.10.2013

Solidaritätsbeitrag trotz ablösefreiem Transfer

Es ist ein verbreiteter Irrtum von Fussballvereinen, zu glauben, dass wenn für den Transfer eines Spielers keine Entschädigung bezahlt wurde, der Transfer selbstredend „ablösefrei“ war. 

Wird ein Fussballspieler vor Ablauf seines Vertrags international transferiert, erhalten gemäss Art. 21 des FIFA Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern (RSTP) alle Vereine, die zu seinem Training und seiner Ausbildung beigetragen haben, einen Teil der Entschädigung, die an seinen ehemaligen Verein entrichtet wird (Solidaritätsbeitrag). Gestützt auf diese Regelung könnte angenommen werden, dass wenn dem ehemaligen Verein keine Entschädigung bezahlt wird, auch kein Solidaritätsbeitrag geschuldet ist. In seinem Entscheid vom 17. August 2012, hat FIFA’s Kammer zur Beilegung von Streitigkeiten (KBS) deutlich gemacht, dass sie einen solchen Standpunkt nicht teilt. 

Im eben erwähnten Fall, haben die Vereine A und R ihre Spieler J und B für je ein Jahr als Leihgabe ausgetauscht. Die Vereine vereinbarten, dass keine Entschädigung bezahlt werden solle. In der Folge hat Verein S, als Ausbildungsverein von Spieler J, vom Verein R einen Solidaritätsbeitrag geltend gemacht. 

Die KBS gab der Klage von Verein S statt und verurteilte Verein R richtigerweise zur Bezahlung eines Solidaritätsbeitrags, trotz geltend gemachtem „ablösefreien“ Transfer – dies mit folgender Begründung: 

Der Verein R habe die Leihgabe von Spieler J mit Spieler B „bezahlt“ (Austausch von Spielern). Deshalb entspreche die bezahlte Entschädigung dem Marktwert von Spieler B. Die KBS bestimmte diesen Wert anhand der letztmals für den Spieler bezahlten Transfersumme. Da der Spieler einen Fünfjahresvertrag unterschrieben hatte, und die Leihgabe nur für ein Jahr war, wurde die Transfersumme durch fünf Jahre geteilt, um eine Entschädigung auf einer Pro-Rata-Basis zu erhalten. Zudem differenzierte die Kammer zwischen dem Wert eines Transfers und einer Leihgabe, und reduzierte die Summe um 40%. 

Die KBS berücksichtigte weiter, dass Verein R weiterhin die Einkommensdifferenz zwischen den Spielern B und J bezahlte, da Spieler B ein höheres Salär hatte. Der Gesamtbetrag dieser Ausgleichszahlungen wurde deshalb ebenfalls als Teil der Entschädigung an Verein A betrachtet. 

Zusammenfassend wurde Verein R verurteilt, eine Solidaritätsentschädigung gestützt auf die Berechnung des Marktwerts des ausgetauschten Spielers und seines weiterhin bezahlten Salärs zu bezahlen; in casu, gestützt auf EUR 4‘240‘000.00. 

Abschliessend – und für jeden Fussballverein im Hinterkopf zu behalten –, der ledigliche Austausch von Spielern ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit einem ablösefreien Transfer. Ein Solidaritätsbeitrag gemäss Art. 21 RSTP ist geschuldet, unabhängig einer „bezahlten“ Entschädigung. 

Gastautor Michaël C. Duc ist schweizerischer Rechtsanwalt und Berater für schweizerisches Recht in Curitiba, Brasilien (OAB/PR 00002-C).
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Maira Gall