10.05.2014

Entzug der schweizerischen Aufenthaltsbewilligung von EU-Staatsangehörigen nach Langzeitarbeitslosigkeit (BGer 2C_390/2013; NZZ vom 24. April 2014)

EU-Staatsangehörige, die mehr als 18 Monate arbeitslos sind, verlieren ihren Status als Arbeitnehmer im Sinne des Abkommens über die Freizügigkeit zwischen der Schweiz und der EU (FZA). Ihnen kann in der Folge die Aufenthaltsbewilligung entzogen werden:

Konkret ging es um eine EU-Staatsangehörige aus Portugal (Beschwerdegegnerin), die im Januar 2009 in die Schweiz eingereist ist, um hier eine Vollzeitstelle als Barfrau anzutreten. Zu diesem Zweck erhielt sie eine Aufenthaltsbewilligung für 5 Jahre. Vom 1. bis zum 31. März 2009 arbeitete die Beschwerdegegnerin wie vorgesehen 100%; ab 1. April 2009 jedoch nur noch zu 50%. Schliesslich wurde die Beschwerdegegnerin per 28. Februar 2010 aus wirtschaftlichen Gründen entlassen. In der Folge bezog sie während einem Jahr Arbeitslosentaggelder. Nachdem diese Zahlungen per 31. März 2011 eingestellt worden sind, erhielt die Beschwerdegegnerin ab 1. April 2011 Sozialhilfe. Danach fand die Beschwerdegegnerin zwar wieder eine Arbeitsstelle. Diese kündigte sie aber kurze Zeit später von sich aus. Später absolvierte sie einige wenige Arbeitseinsätze, darunter Eingliederungsprogramme der öffentlichen Hand, fiel indes häufig wegen Krankheit aus. Infolgedessen wollte die kantonale Migrationsbehörde der Beschwerdegegnerin im Herbst 2012 die Aufenthaltsbewilligung entziehen. Das Kantonsgericht war jedoch dagegen: die Beschwerdegegnerin habe einen Anspruch, in der Schweiz zu bleiben. Daran ändere auch die Sozialhilfeabhängigkeit nichts, meinte das Kantonsgericht. Gegen diesen Entscheid hat das Bundesamt für Migration (BFM) Beschwerde ans Bundesgericht erhoben.

Das BFM argumentierte u.a., die Beschwerdegegnerin habe in der Schweiz lediglich 14 Monate gearbeitet und durch ihr Verhalten sowie die durch sie verursachte Arbeitslosigkeit den Status einer Arbeitnehmenden im Sinn von Art. 6 Anhang I des FZA verloren. Zudem befürchtete das BFM, langzeitarbeitslose Migranten nicht mehr aus der Schweiz ausweisen zu können.

Das Bundesgericht gab dem BFM recht. Es hat aber darauf hingewiesen, dass eine Aufenthaltsbewilligung nicht einzig deshalb entzogen werden dürfe, weil der Arbeitnehmer wegen Unfall oder Krankheit keiner Arbeitstätigkeit nach gehen könne. Das Gleiche gelte, wenn der Arbeitnehmer ohne Verschulden arbeitslos geworden sei. Anders hingegen sei es, wenn die Arbeitslosigkeit mehr als 18 Monate gedauert habe. Das gelte eben auch im Fall der Beschwerdegegnerin: Sie sei während ihrer mehrjährigen Anwesenheit in der Schweiz nur wenige Monate berufstätig gewesen; sie gelte nicht mehr als Arbeitnehmerin. Auch sporadische Jobs, die sie angenommen habe, ändern an diesem Umstand nichts und liessen den Status als Arbeitnehmerin nicht mehr aufleben. 

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Maira Gall