Mit der MWST-Praxis-Info 05 hat die Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV am 10.04.2013 ihre neue Praxis für die Abgrenzung zwischen steuerbaren (mit Vorsteuerabzug) und von der Mehrwertsteuer ausgenommenen (ohne Vorsteuerabzug) Immobilienlieferungen publiziert. Diese Neuregelung betrifft seit dem 01.07.2013 sämtliche Veräusserer von neu erstellten oder umgebauten Bauwerken und/oder Objekten, unabhängig davon, ob sie bei der Erstellung oder beim Umbau Eigenleistungen erbringen oder nicht. Betroffen sind somit Bauunternehmer, Investoren, Baugenossenschaften, Pensionskassen, Konsortien, einfache Gesellschaften, Stiftungen, Vereine, aber auch private Immobilieneigentümer.
Neu wird für die Abgrenzung zwischen steuerbaren und von der Mehrwertsteuer ausgenommenen Verkäufen grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt. Sofern eine Immobilie verkauft wird, auf der vom Verkäufer ein Neubau erstellt oder ein Umbau realisiert wird und die öffentliche Beurkundung des Kauf- oder Vorvertrages bzw. der Abschluss des Werkvertrages vor Baubeginn stattfindet, dann liegt eine steuerbare Immobilienlieferung (Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Bst. d Ziff. 2 MWSTG) vor. In allen anderen Fällen liegt eine von der Mehrwertsteuer ausgenommene Immobilienlieferung (Art. 21 Abs. 2 Ziff. 20 MWSTG) vor.
Massgebend ist somit das Beurkundungsdatum dieser Verträge. Bei Neubauten gilt der Beginn der Aushubarbeiten als Baubeginn, sofern im Anschluss an diese mit der Erstellung des Neubaus auch effektiv begonnen wird. Ebenfalls als Baubeginn gelten Baugrundvorbereitungen wie Pfählen und für den Neubau notwendige Hangsicherungsarbeiten (letztere nur unmittelbar vor dem Aushub bzw. den eigentlichen Bauarbeiten). Grundstückvorbereitungen wie Rodungs-, Planierungs- oder für den Neubau nicht notwendige Hangsicherungsarbeiten gelten hingegen nicht als Baubeginn. Der Baubeginn muss der ESTV gegenüber mit Verträgen, Arbeitsrapporten (insbesondere bei selbst ausgeführten Arbeiten) und Rechnungen des mit dem Aushub oder der Baugrundvorbereitung beauftragten Bauunternehmens belegt werden können. Auch die schriftliche Meldung des Baubeginns an die zuständige Bewilligungsbehörde und/oder Bauversicherung kann als Nachweis dienen. Bei Umbauten (Plankosten > 50% des Gebäudeversicherungswertes vor dem Umbau) von bestehenden Bauwerken gilt als Baubeginn der tatsächliche Beginn der Umbauarbeiten. Auch hier ist der Baubeginn zu belegen. Nicht als Baubeginn gelten Arbeiten, die der Vorbereitung des Umbaus dienen wie z.B. die Deponierung von Material auf der Baustelle oder Planungsarbeiten. Der Teilabbruch des umzubauenden Bauwerks hingegen gilt als Baubeginn. Der Totalabbruch einer Altliegenschaft gilt grundsätzlich nicht als Baubeginn. Wird aber auf dem zu überbauenden Grundstück am gleichen Ort wie das abgebrochene ein neues Gebäude erstellt, gilt bereits der Totalabbruch der Altliegenschaft als Baubeginn. Die Erstellung der Ersatzneubaute muss anschliessend an den Totalabbruch erfolgen und belegt werden können.
Die letzte MWST-Praxis rief grosse Unzufriedenheit und insbesondere Ungewissheit hervor. Deshalb ist es begrüssenswert, dass die gesetzliche Regelung durch die MWST-Praxis-Info 05 nochmals verbessert wird.