10.10.2013

Bericht des BR „Rechtliche Basis für Social Media“ / Kein Bedarf für ein Spezialgesetz zu Social Media

Mit Postulat 11.3912 der Walliser Nationalrätin Viola Amherd (CVP) vom 29. September 2011 wurde der Bundesrat (BR) beauftragt, einen „Bericht über die Rechtslage in Bezug auf die Social Media vorzulegen“ und Fragen zur Rechtslage, zu allfälligen Gesetzeslücken (inkl. deren Beseitigung) sowie zur Schaffung eines Social-Media-Gesetzes zu beantworten.

Der Bundesrat beantragte die Annahme dieses Postulats und gab am 23. November 2011 folgende Stellungnahme ab:

Der Bundesrat ist sich der zunehmenden Bedeutung des neuen Phänomens Social Media für die Gesellschaft bewusst. (…) Unter anderem stellt sich die Frage, ob das bestehende Recht (insbesondere im DSG, ZGB, StGB und URG) die Probleme adäquat erfasst und die Verantwortlichkeiten der Beteiligten ausreichend klärt. Spezifische Problemfelder sind etwa der Jugendschutz und das erhöhte Schädigungspotenzial weltweit abrufbarer privater, nicht nach journalistischen Sorgfaltsregeln verfasster (und kontrollierter) Publikationen. Weiter zu nennen ist der Schutz überforderter Nutzer vor unerwünschter Verwendung ihrer Daten und die oft mangelhafte Möglichkeit der Nutzer, ihre Daten von einer Social-Media-Plattform auf eine andere zu übertragen. Eine weitere, zentrale Problematik im Zusammenhang mit Social Media ist die Durchsetzung geltenden Rechts, denn die Betreiber von Social-Media-Plattformen sind häufig international tätig, und die nationale Gesetzgebung stösst daher an ihre Grenzen.“

In Erfüllung des oben genannten Postulats legte der BR am 9. Oktober 2013 den Bericht „Rechtliche Basis für Social Media“ vor und beantwortete die aufgeworfenen Fragen wie folgt:
 
1. Wie ist die aktuelle Rechtslage in der Schweiz und international in Bezug auf Social Media? 
Die aktuelle Rechtslage ist sowohl in der Schweiz als auch im Ausland dadurch geprägt, dass soweit ersichtlich bislang kaum Regelungen geschaffen wurden, welche sich spezifisch und ausschliesslich auf das neue Phänomen der Social Media beziehen. Vielmehr werden die bestehenden Rechtsnormen bislang auch auf die Kommunikation in sozialen Netzwerken angewendet.

2. Wie beurteilt der Bundesrat die Schaffung eines eigenen Social-Media-Gesetzes, das den Besonderheiten dieser neuen Kommunikationsformen Rechnung trägt? 
Für ein eigenes Social Media-Gesetz nach dem Vorbild der bisherigen spezialgesetzlichen Regulierung von Radio und Fernsehen besteht aus heutiger Sicht kein Bedarf. 

3. Wo bestehen Lücken im Gesetz und wie können sie geschlossen werden? 
Aufgrund bisheriger Erfahrungen springen im geltenden schweizerischen Recht keine grösseren Regelungslücken ins Auge. Die meist allgemein gehaltenen Regelungen in bestehenden Gesetzen (z.B. DSG, StGB, ZGB, UWG) erlauben bei umsichtiger Anwendung eine angemessene Antwort auf die meisten Probleme, welche soziale Plattformen für einzelne Betroffenen und die Allgemeinheit schaffen oder schaffen könnten. Ob sich diese Vorschriften in der Praxis bewähren werden, ist allerdings ungewiss. In einzelnen Bereichen scheinen punktuelle Verbesserungen möglich. Aus diesem Grunde sind in verschiedener Hinsicht (z.B. in Sachen Datenschutz und Jugendschutz) Abklärungen notwendig oder bereits im Gange. Es ist im Auge zu behalten, dass sich die entsprechenden Abklärungen nicht auf Social Media beschränken, sondern eine Vielzahl weiterer Fragen tangieren
.“

Als weiteres Vorgehen sieht der Bericht des BR u.a. folgendes vor:

(i) Datenschutzrechtliche Fragen werden derzeit im Rahmen der laufenden Revisionsarbeiten zum DSG erörtert. Stichworte: Kontrolle der Nutzer über die eigenen Daten; datenschutzfreundliche Voreinstellungen und das Recht auf Vergessenwerden. Das EJPD hat den Auftrag, dem BR bis Ende 2014 Vorschläge zum weiteren Vorgehen zu unterbreiten. 

(ii) Fragen des Jugendmedienschutzes werden im Rahmen des Projekts „Jugend und Medien“ analysiert. Dabei wird geklärt, ob auf Bundesebene ein Regulierungsbedarf besteht und ob neue rechtliche Grundlagen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nötig sind.

(iii) Ferner wird geprüft, ob im Zivilrecht gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, um die Zuordnung der Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern sowie technischen Dienstleistern (Access- und Hostingprovider) zu regeln.

(iv) Ausserdem wird geprüft, ob gewisse Bestimmungen des Fernmeldegesetzes (z.B. Meldepflicht, transparente Preisgestaltung, Bekämpfung von Spam) auch auf Social-Media-Plattformen angewendet werden sollen.

(v) Schliesslich könnte es sich in Zukunft als nötig erweisen, ein Recht auf Datenmitnahme einzuführen oder die Schnittstellen zwischen Social-Media-Plattformen zu regulieren, da gewisse Social-Media-Plattformen ihren Kunden die Mitnahme eigener Daten zu Konkurrenzunternehmen untersagen.

Der BR wird die unterschiedlichen Arbeiten verfolgen und bis Ende 2016 eine erneute Standortbestimmung vornehmen.

Michal Cichocki
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Maira Gall