05.09.2013

Wer die Teilnahme am Arbeitsprogramm verweigert, riskiert Streichung von Sozialhilfe (BGE 8C_962/2012)

Der Beschwerdeführer – ein Informatiker – wurde seit Oktober 2009 vom Sozialdienst der Gemeinde Bern unterstützt. Da sich die Integration in den ersten Arbeitsmarkt als schwierig erwies, wurde er 2011 für die Teilnahme an einem Test-Arbeitseinsatz aufgeboten, um seine Arbeitsmotivation zu beweisen. Zu diesem Zweck sollte er sich bei der Reinigung städtischer Parkanlangen für einen Monatslohn von CHF 2'600.00 zur Arbeitsaufnahme melden. Der Beschwerdeführer hat sich geweigert, diese Stelle anzutreten. In der Folge wurde ihm für die Zeit, welche der Einsatz gedauert hätte, die Sozialhilfe gekürzt.

Zur Begründung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Stelle bei der städtischen Reinigung nicht geeignet gewesen sei, seine Arbeitsmotivation als Informatiker abzuklären. Zudem sie ihm diese Tätigkeit nicht zumutbar, weil sie keine Rücksicht auf seine Fähigkeiten und bisherigen Tätigkeiten nehme. Und schliesslich würden seine Chancen, künftig eine Anstellung als Informatiker zu finden, durch diese Arbeitsstelle geschmälert.

Das Bundesgericht führte aus, dass sich auf das Recht auf Hilfe in Notlagen (Art. 12 BV) nur stützten könne, wer sich die Mittel zum Überleben nicht aus eigener Kraft beschaffen könne. Wenn ein Stellenangebot bestehe, länge zumindest so lange keine Notlage im Sinne von Art. 12 BV vor, wie die Arbeit auch tatsächlich angetreten werden könne. Mit dem Verdienst aus dieser Anstellung könne so lange der Lebensunterhalt bestritten werden. Das gelte auch für einen befristeten Einsatz, solange dadurch die Bedürftigkeit – wenn auch nur vorübergehend – beseitigt werden könne.

Weiter führte das Bundesgericht aus, dass bei einem Test-Einsatz praxisgemäss eine Unterforderung hinzunehmen sei, weil es nicht primär um die fachlichen Fähigkeiten gehe, sondern um Eigenschaften wie das Sicheinfügen in ein Team, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Eine Schmälerung der Chancen auf einen Job als Informatiker sei zudem nicht zu befürchten. Im Übrigen bemühe sich der Beschwerdeführer schon länger vergeblich um eine Anstellung als Informatiker und sei daher verpflichtet auch eine andere Arbeit anzunehmen.

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Maira Gall