08.07.2014

Recht auf Telefongespräche einer Person in Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter gewissen Umständen

Das Bundesgericht (BGer) hatte sich im Entscheid 1B_170/2014 mit einer Beschwerde zu befassen, die sich um die persönlichen Freiheitsrechte eines Inhaftierten drehte. Der Inhaftierte befand sich seit 1,5 Jahren in Untersuchungs- bzw. nachher Sicherheitshaft. Da seine Tochter schwer krank war und ihren Wohnsitz im Ausland hatte, wollte er einmal im Monat telefonischen Kontakt aufnehmen können, was ihm vom Haftregime mit dem Grund der möglichen Vorbereitung einer Flucht verweigert wurde.

Das BGer hielt fest, dass je höher die Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr sei oder je stärker der ordnungsgemässe Gefängnisbetrieb – insbesondere die Sicherheit von Insassen und Personal – gefährdet sei, desto restriktiver dürften die Bedingungen der Untersuchungs- und Sicherheitshaft sein. Ein prinzipieller Anspruch der inhaftierten Person, mit Familienangehörigen durch Benützung des Telefons verkehren zu können, bestehe nicht, da andere Mittel zur Kommunikation zur Aussenwelt zur Verfügung stünden (Briefkontakt, Besuchsrecht). Allerdings hielt das BGer auch fest, dass unter besonderen Umständen der telefonische Kontakt zur Familie in einem gewissen Umfang nicht verwehrt werden dürfe, sofern keine gewichtigen öffentlichen Interessen entgegenstehen.

In diesem Fall ging das Bundesgericht davon aus, dass die lange Haftdauer von 1,5 Jahren sowie auch die krankheitsbedingten Umstände der Tochter es rechtfertigten, dass der Inhaftierte nebst dem Briefkontakt auch einmal im Monat telefonischen Kontakt aufnehmen kann. Die Tochter sei erst siebenjährig und nur telefonische Gespräche ermöglichten einen unmittelbaren Austausch. Zur möglichen Vorbereitung einer Flucht hielt das Bundesgericht fest, dass die Telefongespräche kontrolliert werden dürften. Dem Inhaftierten hat das Bundesgericht ein monatliches Telefongespräch von 30 Minuten zugesprochen.

Somit darf festgehalten werden, dass der in Untersuchungs- und Sicherheitshaft inhaftierten Person die Benützung des Telefons grundsätzlich nicht erlaubt werden muss, da genügend andere Kontaktmöglichkeiten zur Aussenwelt zur Verfügung stehen. Liegen wie hier aber spezielle Umstände vor, die einen unmittelbaren Austausch per Telefon rechtfertigen, darf dies dem Inhaftierten nicht verweigert werden.

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Maira Gall