13.06.2013

Die Erwähnung des Weisungsscheins des Friedensrichters stellt keine Sorgfaltspflichtsverletzung des Anwalts dar, wenn deswegen die Prozesskosten höher ausfallen (BGE 4A_573/2012)

Ein Klient ist gegen seinen Anwalt vorgegangen, weil dieser angeblich aufgrund eines Anwaltsfehlers unnötige Prozesskosten in der Höhe von CHF 36‘500.00 verursacht hat.

Ausgangslage war ein Prozess vor dem Zürcher Handelsgericht. Der mandatierte Anwalt hatte für seinen Klienten eine Stufenklage eingereicht mit dem Begehren „die Beklagte (X AG) habe dem Kläger Schadenersatz in noch abschliessend zu beziffernder, den Betrag von CHF 8'000.00 übersteigender Höhe, aus Vermögensverwaltungsauftrag zu bezahlen“. In der Begründung der Klageschrift wurde ausgeführt, dass in diesem Stadium des Verfahrens der Streitwert vorerst mit "CHF 8'000.00 übersteigend" beziffert werde, wobei die Weisung des Friedensrichters den Passus enthalte, dass der Rechtsanwalt des Klägers einen Streitwert von  "CHF 200'000.00 übersteigend" beziffere. Das Handelsgericht hat daraufhin die Prozesskosten auf der Basis von CHF 200‘000.00 festgelegt. Nach Auffassung des Mandanten, habe dessen Anwalt einen Fehler begangen, indem er in der Begründung auf den Streitwert von CHF 200‘000.00 hingewiesen habe. Infolgedessen habe der Anwalt die Prozesskosten zurückzuerstatten. Sowohl die erste Instanz als auch das Obergericht wiesen die Klage gegen den Anwalt ab.


Der Beschwerdeführer rügte auch vor Bundesgericht, dass sein Anwalt in der Klage vor dem Handelsgereicht auf den Weisungsschein des Friedensgerichts hingewiesen, bzw. den Streitwert sorgfaltswidrig angegeben habe (CHF 200'000.00). Dadurch seien unnötige Prozesskosten entstanden. Diese habe der ehemalige Anwalt zu übernehmen. Ferner rügte der Beschwerdeführer eine falsche Sachverhaltsfeststellung durch die Vorinstanz, weil er die damalige Klageschrift vom Anwalt (entgegen der Feststellungen der Vorinstanz) nicht unkommentiert zur Kenntnis genommen habe und sich erst recht nicht ausdrücklich damit einverstanden erklärte; in Wahrheit habe der Beschwerdeführer seinem seinerzeitigen Anwalt mitgeteilt, dieser solle den Streitwert als CHF 8'000.00 übersteigend angeben. Den Teilsatz mit dem Weisungsschein und den CHF 200'000.00 habe der Anwalt eigenmächtig hinzugefügt. Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer vor, der Hinweis auf den Weissungsschein sei eine Verletzung der Sorgfaltspflicht seines ehemaligen Anwalts. Diesem hätte es klar sein sollen, dass das Gericht auf die höhere Angabe abstellen werde.

Das Bundesgericht führte aus, dass im Rahmen der seinerzeitigen Stufenklage kein abschliessend beziffertes Rechtsbegehren gestellt habe werden können. Daher habe das Handelsgericht nach dem alten Verfahrensrecht auch nicht auf die angegeben CHF 8'000.00 abstellen, sondern den Streitwert frei festlegen können. Der Hinweis, dass der Streitwert wegen der Weisung des Friedensrichters auf CHF 200'000.00 festgesetzt worden sei, sei nicht schlüssig. Vielmehr sei davon auszugehen, dass das Handelsgericht den Streitwert von CHF 200'000.00 auch ohne die Erwähnung der Weisung des Friedensrichters erkannt hätte. Dieser Weisungsschein musste nämlich beim Handelsgericht eingereicht werden, um den Rechtsstreit anhängig zu machen. Es kann daher keine Sorgfaltspflichtverletzung im Verhalten des Anwalts gesehen werden.

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Maira Gall