19.09.2021

Gutachten des Bundesamts für Justiz zum US CLOUD Act veröffentlicht

Das Bundesamt für Justiz (BJ) veröffentlichte am 17. September 2021 ein als Bericht zum US CLOUD Act bezeichnetes Gutachten. Darin geht das BJ u.a. auf folgende Themenbereiche ein:

(i) Generelle Erläuterungen zum US CLOUD Act sowie zu darauf beruhenden Executive Agreements.

(ii) Rechtsvergleichende Beleuchtung des US CLOUD Acts mit weiteren aktuellen oder geplanten Rechtsgrundlagen wie z.B. EU E-Evidence Verordnung bzw. Richtlinie, Zusatzprotokoll zur Cybercrime-Konvention des Europarats, Executive Agreement zwischen den USA und UK, EU DSGVO sowie DSG.

(iii)
Rechtliche Ausführungen zur Vereinbarkeit des US CLOUD Acts bzw. Executive Agreements mit europäischem und schweizerischem Völker-, Straf-, Rechtshilfe- und Datenschutzrecht aus der Sicht des BJ.

(iv) Nicht rechtliche Ausführungen zu technischen/organisatorischen Massnahmen (TOM) im Bereich "Datensicherheit und Entschlüsselung".

Als Schlussfolgerung (vgl. Kapitel 7 Gutachten) hält das BJ unter anderem Folgendes fest:

a)
Das BJ vertritt u.a. die Auffassung, dass die Schweiz nur dann am "freien Datenverkehr mit der EU teilhaben" und den "uneingeschränkten Zugang zum "digitalen Binnenmarkt" der EU behalten" könne, wenn sie ihren Status als Land mit angemessenem Datenschutzniveau aus der Sicht der EU behalte. Folglich habe das EU-Datenschutzrecht "einen grossen Einfluss auf die Schweiz".

b) Hinsichtlich des Datenschutzrechts ist das BJ u.a. folgender Meinung: "Das Ergebnis dieser Analyse legt den Schluss nahe, dass eine Herausgabe von Daten gestützt auf eine Herausgabeanordnung auf der Grundlage des CLOUD Acts nur in spezifischen Ausnahmefällen mit dem schweizerischen und europäischen Datenschutzrecht vereinbar ist".

c) Aus der Sicht des Rechtshilferechts schlussfolgert das BJ u.a. Folgendes: "Der Abschluss eines Executive Agreements würde damit zu einem Paradigmenwechsel im Bereich der internationalen Strafrechtskooperation führen: Erstmals würde ein schweizerischer Privater direkt an einem ausländischen Strafverfahren mitwirken, ohne dass dafür ein schweizerisches Verfahren oder wenigstens eine Bewilligung im Einzelfall vorliegt. Diese neue Form der Zusammenarbeit hätte Auswirkungen auf verschiedene Garantien und Prinzipien, welche im Recht der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen gelten. Insbesondere betroffen wären die verfassungsmässigen Garantien des rechtlichen Gehörs und des Zugangs zu einem Gericht in der Schweiz, da die von der Datenherausgabe betroffene Person (...) keine Kenntnis von der Bekanntgabe mehr erlangen würde und dagegen folglich auch keine Beschwerde erheben könnte" . (...) "Auch mit Blick auf die Vereinbarkeit mit den Prinzipien des Rechtshilferechts wirft der CLOUD Act also grosse Fragen auf und scheint schwer mit dem übergeordneten schweizerischen Recht vereinbar zu sein".

Next Steps: Das Gutachten des BJ soll als Grundlage zur Diskussion mit unterschiedlichen Stakeholdern dienen. Anschliessend wird das BJ dem Generalsekretariat des EJPD einen Antrag zum weiterem Vorgehen "in Sachen US CLOUD Act im Speziellen und "E-Evidence" generell" unterbreiten.

Michal Cichocki

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Maira Gall