01.10.2018

BGer 5A_384/2018: Neue Bundesgerichtspraxis betreffend Betreuungsunterhalt

Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 21. September 2018 einen massgeblichen Richtungswechsel im Betreuungsunterhalt eingeschlagen. Bei einer klassischen Rollenverteilung ist die Gerichtspraxis bislang von der 10/16-Regel ausgegangen. Demnach war eine Erwerbstätigkeit von 50 % für den die Obhut ausübenden Ehegatten zumutbar, wenn das jüngste Kind 10-jährig war, und 100 %, wenn das Kind 16-jährig war. Diese Praxis setzt sich mit der Frage auseinander, wieviel persönliche Betreuung ein Kind braucht. Das Bundesgericht passt seine Praxis nun der heutigen Zeit an.

Das Bundesgericht stellt fest, dass mit der obligatorischen Einschulung des Kindes der obhutsberechtigte Elternteil während der betreffenden Zeit von der persönlichen Betreuung entbunden ist. Dies ist der Ausgangspunkt für die neue Regelung. Theoretisch könne man, anknüpfend an die obligatorische Beschulung, eine schrittweise, feine Abstufung der jeweils zumutbaren Erwerbsquote festlegen. Im Sinne der Praxistauglichkeit sieht das Bundesgericht nun aber grobe Stufen vor: Dem hauptbetreuenden Elternteil ist ab der obligatorischen Beschulung des jüngsten Kindes eine Erwerbstätigkeit von 50 % zuzumuten, ab dessen Eintritt in die Sekundarstufe eine solche von 80 % und ab dem 16. Altersjahr einen Vollzeiterwerb (Erw. 4.7.6).

Erwähnenswert ist weiter, dass das Bundesgericht diesen Ausgangspunkt der Regelbildung im Einzelfall mit der konkreten Situation betreffend Betreuung der Kinder in der Kinderkrippe, freiwilliger Kindergartenjahre und schulergänzende Angebote ergänzt haben möchte (Erw. 4.7.7).

Andreas Dudli
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Maira Gall