24.09.2016

BGer 4A_647/2015: Zeitpunkt der Erklärung der Herabsetzung des Mietzinses gem. Art. 259d OR

Liegt ein Mangel in der Mietsache vor, kann der Mieter gegenüber dem Vermieter gem. Art. 259d OR erklären, dass er den Mietzins herabsetzt. Das Bundesgericht hatte sich zur Frage zu äussern, zu welchem Zeitpunkt diese Herabsetzungserklärung gültig abgegeben werden darf. Das Obergericht des Kantons Zürich war der Auffassung, dass diese Erklärung nach Vertragsbeendigung verspätet erfolgt und daher als nicht erfolgt gilt.

Im zu beurteilenden Fall wurde die Erklärung seitens des Mieters erst nach der fristlosen Kündigung ausgesprochen. Das Bundesgericht setzte sich intensiv mit Lehre und Rechtsprechung auseinander (Erw. 8.2) und gelangt zum Schluss, dass dem Gesetzeswortlaut lediglich die Dauer der Herabsetzung entnommen werden kann („Zeitpunkt, in dem er [der Vermieter] vom Mangel erfahren hat, bis zur Behebung des Mangels“). Ausserdem stellt das Bundesgericht fest, dass mit der Auflösung des Mietvertrages die Herabsetzungsdauer ebenso beendet wird.

Darüber hinaus könne dem Gesetzeswortlaut nicht entnommen werden, dass die Erklärungsabgabe in zeitlicher Hinsicht mit der Dauer der Herabsetzung verknüpft wäre und entweder vor, während oder nach dieser abgegeben werden müsste (Erw. 8.3.1). Das Bundesgericht schlussfolgerte, dass demnach keine zeitliche Beschränkung besteht und einzig Verwirkungs- und Verjährungsnormen Anwendung finden. An einer rückwirkenden Herabsetzung bestehe ein aktuelles Interesse. Ausserdem habe die Herabsetzung keine Warnfunktion, wie dies bspw. bei der Androhung der Hinterlegung der Fall sei (Erw. 8.3.3).

Zuletzt stellt das Bundesgericht klar, dass der Mieter allerdings nicht ohne entsprechende (substanziierte) Mängelanzeige den Mietzins im Nachhinein einfach herabsetzten darf. Vielmehr dürfe der Vermieter aufgrund des Vertrauensprinzips davon ausgehen, dass die Mietzinsen nachträglich nicht reduziert werden, wenn der Mieter trotz des Mangels die gegenseitigen Pflichten als nach wie vor ausgewogen betrachte, namentlich indem die Mietzinsen vorbehaltslos beglichen werden (Erw. 8.3.4).

Andreas Dudli
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Maira Gall